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Konflikte im Team - wie geht man damit um?

Aktualisiert: 20. Aug. 2021


Wie geht man mit eigener Unzufriedenheit im Team um? Wie löst man äußere Konflikte? Und wie setzt man die Erkenntnisse aus dem Coaching in Entscheidungen um? Antworten dazu in meinem neuesten Coaching Fall.



Regina M. erläuterte mir in unserer ersten Coaching Session ihr Thema. Sie war 45 Jahre alt, verheiratet und wohnte mit Ihrem Mann und den zwei fast erwachsenen Kindern in einem Eigenheim. Sie wollte noch gut 15 Jahre arbeiten. Nachdem sie beruflich viel für die Familie geopfert hatte, wollte Sie endlich auch einmal an ihre eigene Karriere denken und versuchen, sich dabei mehr als bisher selbst zu verwirklichen.


Sie hatte vor gut zwei Jahren in einem international tätigen Unternehmen im Bereich Recruiting als Fachmitarbeiterin begonnen. Das Team bestand neben ihr aus 5 weiteren Kolleginnen, die alle an einem anderen Standort tätig waren. Aufgrund der Pandemie wurde überwiegend im Home Office gearbeitet. Reginas´ Tätigkeiten beinhalteten das Erstellen und die Überwachung von Budgets, Qualitätsmanagement und statistische Auswertungen über die erzielten Resultate. Sie war mit den ihr übertragenen Aufgaben zufrieden, konnte eigenständig arbeiten und war zudem mit ihrer Vergütung glücklich. Ihren Arbeitgeber empfand sie insgesamt als modern und sehr fortschrittlich. Sie konnte sich mit den Werten und Zielen der Firma stark identifizieren.


Allerdings gab es Probleme mit ihrem Team, die Regina zunehmend frustrierten und die sie letztlich dazu bewogen, ein Coaching zu beginnen. Regina liebte analytisch zu arbeiten und hatte gelernt zu Programmieren. Sie schätzte sich selber als eine sehr ehrgeizige, agile und schnelle Persönlichkeit ein. Sie hatte im Laufe der Zeit viele Ideen entwickelt, wie man die täglichen Abläufe im Recruiting Prozess verbessern konnte und hatte dafür in der Firma einige kleiner Softwareprogramme entwickelt. Allerdings war sie die Einzige im Team, die diese Tools auch tatsächlich einsetzte. Sie hatte ihren Kolleginnen und ihrem Chef die Tools vorgestellt und allen zur Verfügung gestellt, dafür allerdings eher Ablehnung erhalten. Ihre Kolleginnen hatten keinerlei Interesse an Veränderungen der täglichen Routinen und gaben sich keine Mühe, die Bedienung der Programme zu erlernen - obwohl es ihre Arbeit wesentlich erleichtert hätte. Ihr Chef fand die Tools zwar gut und hätte sie auch gerne eingesetzt, konnte sich aber nicht gegen den Widerstand der älteren Mitarbeiterinnen durchsetzen.


Regina verlor durch diesen Konflikt zunehmend den Spaß und Motivation an ihrer Arbeit. Die Beziehungen zum Team waren dadurch zunehmend belastet. Die Positionen standen anscheinend unvereinbar gegenüber. Regina wollte mit besten Absichten Erleichterungen durch technische Erneuerungen im Interesse des ganzen Teams erreichen. Die anderen Teammitglieder allerdings machten ihr klar, dass sie daran kein Interesse hatten. Für Regina war dies vollkommen unverständlich, und so kam des Öfteren zum Streit über dieses Thema. Regina wollte mit den aus diesem Konflikt resultierenden negativen Gefühlen unter keinen Umständen weiterarbeiten. Zumal sie sich ja gerade neue Ziele für ihre Karriere setzten wollte. Irgendetwas musste sie ändern – aber was? Und wie?


„Ich habe eigentlich einen tollen Arbeitgeber und viele interessante Herausforderungen zu bewältigen. Auch mein Gehalt ist wirklich gut. Ich habe viele Ideen, die unser Team insgesamt voranbringen und besser machen würden. Aber mit meinen Vorschlägen ecke ich nur an und werde dafür von meinem Team eher verspottet, als dass sich die Kolleginnen ernsthaft damit auseinandersetzen. Auch mein Chef unterstützt mich nicht dabei. Ich muss etwas ändern.“


Für unser Coaching war es sehr wichtig, konkrete Ziele zu benennen, die Regina erreichen wollte. Ihr Ziel war es „Handlungsoptionen und Lösungen zu finden, um wieder Spaß an der Arbeit zu haben und weiter voranzukommen.“


Nachdem wir Reginas´ berufliche Motivatoren besprochen hatten, reflektierten wir Ihre Stärken. Sie schätzte sich selber als sehr energiegeladen, sehr schnell, agil, flexibel und zuverlässig ein. Sie glaubte analytisch und technisch stark zu ein und gut programmieren bzw. Codes schreiben zu können.


Äußere Konflikte durch Perspektivenwechsel lösen


Anschließend behandelten wir den Konflikt, den es mit dem Team gab. Konflikte sind Störungen, die belastend wirken, die Tendenz haben zu eskalieren und an Intensität zuzunehmen. Das trifft insbesondere dann zu, wenn negative Gefühle und hohe Emotionen im Spiel sind, die eine kritische Urteilsbildung vermindern.


Ein sehr bewährtes Tool im Coaching von Konflikten ist das Tool der vier Wahrnehmungspositionen. Dabei wird der Coachee in die mentale Möglichkeit versetzt, in die Rolle der anderen am Konflikt Beteiligten zu schlüpfen. In der ersten, der „Ich“-Rolle fragte ich Regina, was den Umgang mit dem Team so schwierig für sie machte und wie sich die Konfliktpartner ihr gegenüber verhalten. Im zweiten Schritt vollzogen wir den Perspektivwechsel in die Rolle des Teams. Ich bat Regina, Körperhaltungen und Gestik der anderen Teammitglieder zu übernehmen und aus den Augen des Teams zu schildern, wie es ihnen mit Regina geht. Wie Regina auf sie wirkt. Was sie sich von Regina wünschen. Welche positiven Absichten hinter dem derzeitigen Verhalten des Teams stecken. Im Schritt 3 gingen wir in die dritte Person und Regina wurde gebeten, von der Meta Ebene aus ihr eigenes Verhalten und das der Gruppe zu beleuchten. Im 4. Schritt gingen wir noch ein Stück weiter weg und sahen uns die Situation aus der weiter entfernten der Meta-Meta Ebene an. Worum geht es hier wirklich? Was gilt es hieraus zu lernen?


Regina machte sich klar, dass hier zwei völlig verschiedene Welten aufeinanderprallten. Mit sehr unterschiedlichen Charakteren und Persönlichkeiten. Hier die schnelle, agile und analytisch denkende Neue im Team, die alles verändern will und sogar mit selbst programmierten Tools um die Ecke kommt. Dort ein eingespieltes, harmonisches und seit vielen Jahren zusammenarbeitendes Team, das eher etwas träge ist, seine Ruhe haben möchte und sich durch die vielen neuen Vorschläge eher bedroht fühlt. Vielleicht auch weil sie die Gefahr sehen, sich durch Effizienzgewinne selber abzuschaffen. Zudem ein schwacher Chef, der anscheinend ebenfalls lieber seine Ruhe haben möchte anstatt mit neuen und zeitgemäßen Techniken im Sinne des Unternehmens die Arbeit seines Teams zu verbessern und der zudem nicht in der Lage war, seinem Team von langjährigen Mitarbeiterinnen die Angst vor Veränderungen zu nehmen.


Nachdem Regina die Erkenntnisse aus den verschiedenen Perspektiven reflektiert hatte, entwickelten wir gemeinsam Ideen, den Konflikt mit dem Team zu entschärfen und in Zukunft besser zusammen zu arbeiten. Unter den Ideen waren unter anderem das Erlernen einer besseren Kommunikation und Rhetorik seitens Regina. Sie wollte ihrem Team den Nutzen der Tools überzeugender darstellen und ihren Kolleginnen die Angst davor nehmen, sie anzuwenden. Ihrem Chef und anderen gegenüber wollte sie die Tools noch besser „verkaufen“ und von der Sinnhaftigkeit überzeugen. Sollten sie diese Ideen im ersten Schritt nicht weiterbringen, wollten wir andere Handlungsoptionen erarbeiten, die über die Lösung des Konflikts im Team hinausgehen.


In der nächsten Coaching Session erzählte Regina von den Fortschritten mit dem Team. Es gab weniger Streit. Allerdings lehnten ihre Kollegen es weiterhin ab, die Tool anzuwenden. Ihr Chef bewegte sich wenig. Daher behandelten wir in der nächsten Coaching Session weitergehende berufliche Alternativen, auch außerhalb ihres jetzigen Arbeitgebers. In der sehr intensiven Coaching Session kamen sehr viele verschiedene Ideen auf, was ihr Spaß machen würde. Am Ende kamen wir nach Berücksichtigung von Reginas´ eigentlichen Stärken, Kennnissen und Talenten und ihren bisherigen Erfolgsgeschichten immer wieder auf das Thema Daten- oder Prozessanalyse zurück. Im Idealfall beim gleichen Arbeitgeber, anderenfalls bei einem neuen Arbeitgeber. Ihre Aufgabe für die nächsten Wochen war es daher, ihren Lebenslauf auf den neuesten Stand zu bringen und sich auf dem Arbeitsmarkt nach entsprechenden Stellen umzusehen.


Die während des Coachings herausgearbeiteten Handlungsoptionen und deren Umsetzung zeigten schon sehr bald ihre Wirkung. Einige Wochen nach unserem Coaching erhielt ich die folgende Mail, die wieder einmal zeigt, dass wir die Opferrolle verlassen müssen, wenn wir unzufrieden sind. Und dass Coaching oft den Kick verleiht, endlich Veränderungen anzupacken, Klarheit zu erhalten, Entscheidungen zu treffen und diese dann auch umzusetzen.



Lieber Herr Lennartz,


ich wollte Ihnen über die rasante Veränderung in meiner Karriere in berichten. Ab Juli fange in einem anderen Team als Data Analystin an. Alles hat sich in einer atemberaubenden Geschwindigkeit entwickelt…… ….


Das Coaching mit Ihnen hatte diese Folgen verursacht. Unglaublich! Ich danke Ihnen für die Zeit mit mir, was zu mehr Klarheit über meine aktuelle Situation aber auch zu bestimmen Energieimpulsen und damit letztlich auch zu den Veränderungen geführt hat.


Ganz liebe Grüße

Regina



Es ist ein Klassiker in vielen Firmen. Teammitglieder mit einzigartiger Qualifikation, hoher Intelligenz und hohem Ehrgeiz zerstören entweder den Teamgeist oder werden vom Team kaltgestellt. Ihr außergewöhnliches Potential kommt nicht mehr zur Entfaltung. Es sei denn, die Führung erkennt den Konflikt und nimmt diese Person aus dem Team und setzt sie entsprechend ihrer Qualifikation ein. Daher wäre der Fall von Regina eigentlich viel eher ein Grund für ein Team Coaching oder ein Führungskräfte Coaching gewesen. Aber letztlich ist jeder Einzelne für sein Glück und seine Zufriedenheit selber verantwortlich und sollte daher agieren anstatt zu reagieren. Regina wurde im Coaching klar, welche Motivationen und Stärken sie hat und welche Veränderungen sie vornehmen musste, um diese Stärken in ihrem Beruf auszuleben und ihre Karriere erfolgreich zu gestalten.



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