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Wie man seine Strategie erfolgreich entwickelt und umsetzt


Sind Strategien für Startups in unserer schnelllebigen Zeit noch sinnvoll? Wie entwickelt man heute erfolgreiche Strategien und worauf sollte man dabei achten? Und wie kann ein Business Coach bei der Entwicklung der Strategie unterstützen?



Die Gründer saßen mir im Meetingraum ihres neu angemieteten Büros gegenüber. Sie waren sich uneinig darüber, ob sie für die Entwicklung einer Unternehmensstrategie einmal Zeit investieren sollten oder ob es nicht besser wäre, ihr Tagesgeschäft mit seinen vielen Aufgaben weiter mit voller Kraft voranzutreiben. Ihr Startup wurde vor 6 Monaten gegründet. Es gab unglaublich viel zu tun, der Tag hatte nicht genug Stunden. Ihre Geschäftsidee war es, Konsumenten ihren CO2 Footprint durch einen digitalen Tracker nicht nur bewusst zu machen, sondern ihnen zusätzlich Kompensationszahlungen an verschiedene Klimaschutzprojekte und damit einen direkten Impact zur erfolgreichen CO2 Reduzierung anzubieten. Sie hatten bereits erstes Friends & Family und Business Angel Geld erhalten und waren nun dabei, die zentrale Plattform zu entwickeln, auf der alle Transaktionen ihres Geschäftsmodells abgebildet werden sollten.


„Eine Unternehmensstrategie als Startup zu entwickeln macht für mich überhaupt keinen Sinn, weil unser Geschäftsmodell sich im Laufe der Zeit ständig verändern wird, um es an Kundenbedürfnisse anzupassen. Warum also sollten wir unsere knappe Zeit mit theoretischen Verrenkungen vergeuden, anstatt weiter Vollgas zu geben? Außerdem haben wir ein tolles Pitch Deck, in dem das alles drinsteht“, sagte einer der Gründer.

Demgegenüber stand die Meinung eines anderen Gründers: „Wir sollten uns wirklich einmal einen ganzen Tag Zeit dafür nehmen, unsere gemeinsamen Vorstellungen und Ideen wie eine Art Grundgesetz schriftlich zu fixieren. Und uns überlegen, welche Werte wir leben wollen, welche Ziele wir kurz- und mittelfristig haben und mit welcher Strategie und mit welchem Geschäftsmodell wir unsere Ziele am besten erreichen können. Dem steht ja nicht entgegen, dass wir weiterhin agil sind, schnell reagieren und bei der Entwicklung unserer Plattform und unseres Go-to Market Ansatzes ständig Veränderungen vornehmen werden".


Fakt war: Sie hatten eine Idee gehabt, mit der der CO2 Ausstoß reduziert werden soll und hatten diese Idee gemeinsam zum Leben erweckt. Weil ihnen Klimaschutz wichtig ist. Und sie hatten erstes Geld erhalten und die Programmierung der Plattform gestartet. Sie hatten intern viele Gespräche über die nächsten Schritte geführt und ein professionelles Pitch Deck erstellt, das alle klassischen Elemente enthielt: Team, Purpose, Problem, Lösung, Produkt, Markt, USP, Wettbewerb, Proof of Concept, Geschäftsmodel und Finanzierungsbedarf. Aber eine Unternehmensstrategie im klassischen Sinn hatten sie nie erarbeitet. Sie hatte auch keine Erfahrung darin, eine Strategie zu entwickeln. Und fragten nun nach einer Empfehlung bzw. Unterstützung bei der Beilegung ihres Konflikts.


Ich fragte mich, wie ich sie am besten von der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit einer schriftlich fixierten Strategie überzeugen konnte. Die Antwort darauf war sehr einfach – und hoffentlich auch überzeugend. Ich stellte ihnen die Strategie einer der erfolgreichsten Gründungen des neuen Jahrtausends vor. Tesla wurde 2003 von einer Gruppe von Ingenieuren gegründet. Ihre zentrale Idee war zu beweisen, dass Elektroautos genauso gut, wenn nicht sogar besser als Benziner sein können. Gleich zu Beginn stellten sie daher ihre Vision und ihre Mission auf, um daraus eine Strategie zu entwickeln:


Tesla's vision is to "create the most compelling automotive company of the 21st century by driving the world's transition to electric vehicles," while its mission is to "accelerate the emergence of sustainable transportation by bringing compelling electric cars to the mass market as quickly as possible."


Als Elon Musk Tesla als CEO übernahm, entwickelte er eine Strategie, bei der Tesla mit dem Einstiegspreis für sein erste Model im Wettbewerb mit vergleichbaren Autos auf dem Markt stehen konnte. Sie gingen daher mit dem hochpreisigen Tesla Roadster als erstes Serienfahrzeug auf den Markt, um im Wettbewerb mit anderen Sportwagen bestehen konnten. Tesla nutzte also als Go-to-Market- und Einstiegsstrategie ein höherpreisiges Marktsegment, in scheinbar scharfem Kontrast zu seiner eigentlichen Mission, Elektroautos für den Massenmarkt herzustellen. Es gilt heute als ein geniales Übergangs-Geschäftsmodell, das es Tesla ermöglichte, kurzfristig lebensfähig zu sein und seine Mission langfristig zu erreichen.


Danach erläuterte ich den Gründern meine grundlegenden Ansichten über das Thema Unternehmensstrategie, das niemals losgelöst vom Thema Vision oder Unternehmenszweck diskutiert werden sollte. Eine Vision von etwas zu haben, daraus Ziele zu entwickeln und diese Ziele dann anhand einer oder verschiedener Strategien umzusetzen, halte ich für den Erfolg oder Misserfolg eines jeden Unternehmens für elementar wichtig. Egal ob Startup oder etabliertes Unternehmen. Denn der Unternehmenszweck ist der Grund, warum sich Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter mit dem Unternehmen engagieren und identifizieren du daher Grundlage für seinen Erfolg.


Eine weitere wichtige Aufgabe von Strategien: Sie sind ein wichtiges Führungsinstrument, da sie allen Mitarbeitern Klarheit und Orientierung über die Zukunft des Unternehmens und die Aufgaben und den Sinn der Tätigkeiten jedes einzelnen Mitarbeiters vermittelt. Dieser Effekt, den eine Strategie auf Kommunikation und Motivation hat, wird von den meisten Gründern und auch Managern etablierter Unternehmen dramatisch unterschätzt.


Zusammengefasst ermöglichst eine Strategie also einem Unternehmen, seine langfristige Vision und die daraus entwickelten Ziele zu erreichen, indem es einen Plan zur Umsetzung dieser Strategie erarbeitet und so seine wirklichen Stärken und Potenzial ausschöpft. Allerdings haben die durch Tech Startups vorangetriebenen schnellen Veränderungen der letzten Jahre die alte Strategiewelt der Old Economy radikal verändert. Von ausgeklügelten und umfangreichen Plänen sind Startups dabei teilweise zur Geschäftsmodellierung übergegangen, was es ihnen ermöglicht, kontinuierlich Kundenfeedback zu sammeln um Anpassungen schnell und flexibel vorzunehmen. Zu den wichtigsten Bausteinen eines klassischen Geschäftsmodellansatzes für Startups zählen dabei Business Model Canvas oder Lean Startup Canvas.


Nach unserem Meeting entschlossen sich die Gründer einen eintägigen Strategieworkshop durchzuführen und baten mich, sie bei der Vorbereitung und bei der Durchführung zu unterstützen. Was war also vorzubereiten? Viele Informationen waren schon vorhanden, mussten zusammengefasst und aufbereitet werden. Ich gab Ihnen zur Vorbereitung des Strategieworkshop folgende Prozessschritte an die Hand. Wichtig für sie war es zu verstehen, dass jede strategische Planung mit der Vision starten sollte und danach mit jedem Schritt immer greifbarer und detaillierter wird.


1.Vision und/oder Purpose bzw. Unternehmenszweck


Das sogenannte „Vision Statement“ ist einer der zentralen Bestandteile einer guten Strategie. Dabei sollte man nicht kurzfristig denken. Warum gibt es das Unternehmen? Was ist der Unternehmenszweck? Wohin soll die Reise des Unternehmens gehen? Speziell hier sollte man als Gründer darauf achten, seinen eigenen Kern, seine eigenen Ziele und seinen individuellen Motivatoren herauszuarbeiten. Denn die Vision ist die wichtigste Grundlage für alle weiteren Schritte und sollte von allen Gründern so gesehen, so verstanden und tatsächlich so gelebt werden. Und die Vision sollte für möglichst alle Stakeholder in der Zukunft attraktiv sein, darunter insbesondere die für den Erfolg des Unternehmens so wichtigen Mitarbeiter.


In den vergangenen Jahren kam zum Vision Statement das Purpose Statement dazu. Oder ersetzte es sogar. Der Purpose beschreibt ausschließlich den Zweck und den Sinn eines Unternehmens. Insbesondere Generation Z Mitarbeiter identifizieren sich sehr gerne mit dem Purpose des Unternehmens, wenn es ihrem eigenen Purpose und Lebenssinn entspricht oder entgegenkommt - was entscheidend zu ihrer täglichen Motivation beiträgt. Auch in der Corporate World ist das Thema angekommen: im Jahr 2018 schrieb Larry Fink, CEO von BlackRock, in seinem jährlichen Brief an alle BlackRock Ventures über das Thema Purpose: „Without purpose, no company, either public or private, can achieve its full potential. It will ultimately lose the license to operate from its stakeholders. To prosper over time, every company must not only deliver financial performance, but also show how it makes a positive contribution to society.”


2.Mission


Im Gegensatz zu der Vision einer Zukunft der Firma, ist das Mission Statement die Beschreibung was man selbst als Firma darstellt, wer man ist. Dabei geht man darauf ein was einen einzigartig macht und wie man die Kunden glücklich macht. Oft werden auch Vision und Mission Statement in vereint. Dabei sollte man aber klar abgrenzen, dass man beschreibt wo man jetzt ist, was man jetzt darstellt und was man alles unternimmt um sich in Zukunft auf seine Vision hinzuzubewegen.


3.Werte


Das tägliche Handeln und der Umgang miteinander, basiert auf Werten, die grundlegender Bestandteil des Verhaltens aller Beteiligten sind. Welche Werte man als Startup vertreten möchte, hängt natürlich sehr stark mit den individuellen Wertevorstellungen der Gründer ab. Für alle Stakeholder ist die Wertebasis eines Unternehmens für sein Handeln im Geschäftsverkehr ebenso wichtig wie der Purpose und sollte daher nicht nur schriftlich fixiert werden, sondern insbesondere von Führungskräften vorgelebt werden.


4. Ziele bzw. Ambition


Die Ziele des Unternehmens leiten sich aus seiner Vision ab. In der Vision wird gefragt: Warum soll etwas erreicht werden? Warum gibt es das Unternehmen? Bei der Zielsetzung hingegen wird gefragt: Was soll erreicht werden? Diese Ziele können abhängig vom Geschäftsmodell Umsatzziele sein, Ziele von Führerschaft in einem bestimmten Markt oder Marktsegment, die Anzahl der Mitarbeiter, die Anzahl der Kunden bzw. User oder auch Anzahl der Länder, in denen die Firma zu einem bestimmten Zeitpunkt agiert soll. Die Ziele sollten in lang-, mittel- und/oder kurzfristige Ziele unterteilt sein.


5. Strategieentwicklung


Die eigentliche Unternehmensstrategie stellt die Frage: Wie sollen die Ziele erreicht werden. Hier gibt es keinen Königsweg, jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg gehen. Jetzt beginnt der intellektuelle und kreative Teil der Strategieentwicklung, der auch in mehrere Teilstrategien unterteilt werden kann (Marketingstrategie/Personalstrategie/Preisstrategie usw.). Dieser Teil bedarf intensiver Vorbereitung und sollte von möglichst vielen Teammitgliedern entsprechend ihrer Kompetenzen durchgeführt werden. Die Einbindung von Mitarbeitern in diesen verantwortungsvollen Prozess erhöht dabei die Motivation der Beteiligten um ein Vielfaches. Die Vorbereitung sollte u.a. folgende Themenfelder beinhalten:


  • Umfeldanalyse: Welche Wettbewerber haben wir in welchen Märkten und welche Trends sind im Markt zu beachten?

  • Unternehmensanalyse: Wo stehen wir als Unternehmen aktuell?

  • SWOT Analyse: Wo sind unsere eigenen Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken


Dieser Teil der Analyse ist zugleich eine sehr gute Übung, den Status bzw. den aktuellen Stand des Unternehmens in den verschiedenen Bereichen zu erarbeiten und kann bzw. sollte ins Detail gehen. Natürlich kommt es auch hier auf das Alter, die Größe und die Branche des Unternehmens an. In jedem Fall enthalten sein sollten Analysen in den Bereichen Go-to Market (Kunden/Marketing/ Pricing/Vertrieb/Netzwerke), Talent (Recruiting/HR/ Personalentwicklung/Training/Employer Well-being/Benefits/Compensation/Feedback/Diversity + Inclusiveness etc.), Produkt/Service (Back- and Frontendentwicklung /Development/ Neue Produkte/ Outsourcing/ Freelancer/Lieferanten/ Patente), Operations (IT/Accounting/Controlling/Finanzen/ Office/ Homeoffice) und andere wie z.B. Joint Ventures und strategische Partnerschaften etc.



6. Strategische Maßnahmen


Im nächsten und letzten Schritt werden auf Basis der strategischen Herausforderungen die Maßnahmen abgeleitet, mit denen die kurz- und mittelfristigen Ziele erreicht werden sollen. Dieser Katalog kann bei großen Unternehmen mehrere tausend Maßnahmen enthalten und sollte in jedem Fall sowohl den Verantwortlichen als auch einen Zeitplan sowie ein Budget enthalten. Bei Startups wird dieser Maßnahmenkatalog naturgemäß kleiner ausfallen, kann aber dennoch bereits sehr komplex sein. Die Maßnahmen sollten je nach Komplexität dementsprechend detailliert erklärt werden und sollten auch für jeden leicht nachvollziehbar für Mitarbeiter sein.


Das Strategiemeeting


Einige Wochen später führten wir gemeinsam das Strategiemeeting in einem weit außerhalb der Stadt gelegenen alten Schloss durch, was die Atmosphäre sichtlich entspannte, ohne zugleich von der Seriosität und Professionalität Abstriche machen zu müssen. Die Gründer hatten sich sehr gut vorbereitet und eine sehr ansprechende Agenda entwickelt. Die von mir moderierte Diskussion beinhaltete die Themen Vision inkl. Purpose und Werte, die sie in ihrem Startup unbedingt leben wollten und ihre Ambitionen hinsichtlich der Vermeidung von CO2 Ausstoß. Der für Marketing und Vertrieb zuständige Gründer hatte sehr gute Daten zum Wettbewerb und zum Marktumfeld sowie unterschiedlichste Studien über Nutzerverhalten im Bereich Green Economy zusammengetragen. Teilweise wurde intensiv und leidenschaftlich diskutiert, teilweise wurden schwierige Themen gemeinsam gelöst, wobei ich meine Erfahrungen aus über 35 Berufsjahren einbringen konnte.


Am Ende des langen Tages waren die Gründer zwar erschöpft, aber ich schaute erneut in glückliche und zufriedene Gesichter. Die Gründer durch diesen Prozess Klarheit gefunden, wie sie ihr Unternehmen in den nächsten Monaten aufstellen sollten und wo sie sich langfristig sahen. Mit hoher Motivation und Zufriedenheit und gelassener Fröhlichkeit gingen wir in den sozialen Teil des Strategiemeetings am Abend im Schloss über und genehmigten uns den ersten Schluck eines erfrischenden Getränkes.


Selbst im Zeitalter der Agilität und des steten Wandels ist es für Startups sinnvoll, sich für die Entwicklung einer eigenen Unternehmensstrategie abseits des Tagesgeschäfts einmal Zeit zu nehmen. Die Unternehmensstrategie dient zur Umsetzung der Vision, des Purpose, der Wertvorstellungen und den Ambitionen der Gründer, die in ihrer Gesamtheit eine Art Grundgesetz und damit die Basis des gemeinsamen Handelns bilden. Entgegen der komplexen Umsetzungspläne der Old Economy lebt die Umsetzung der Strategie von Startups allerdings von kontinuierlicher und schneller Anpassung an Kundenwünsche und andere aktuelle Entwicklungen. Strategien sollten gemeinsam im Team entwickelt werden und auf einer fundierten Daten- und Faktenanalyse basieren. Die Moderation durch einen erfahrenen Business Coach kann bei der Strategiefindung einen sehr wichtigen Beitrag leisten.


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