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Wie man seinen persönlichen Jahresrückblick optimiert


Warum vergeben wir am Ende eines Jahres oft die große Chance, unsere Gedanken über das vergangene Jahr in geordnete Bahnen zu lenken? Wie schaffen wir es, eine persönliche Bilanz zu ziehen, die unsere wichtigsten Lebensbereiche erfasst? Warum bildet ein strukturierter Rückblick die beste Basis für unsere Wünsche für das nächste Jahr? Und wie können klassische Coachingansätze dabei helfen?




Unternehmen ziehen zum Ende eines jeden Jahres Bilanz. Dabei erfassen und bewerten sie ihr Vermögen und ihre Verbindlichkeiten. Die Differenz zwischen beiden ist ihr Kapital. Hat es sich gegenüber dem Vorjahr erhöht, war es ein gutes Jahr mit Gewinnen. Hat es sich hingegen reduziert, war es ein Jahr mit Verlusten. Verbunden mit der Notwendigkeit, etwas im Geschäft zu verändern.


Bei uns läuft der persönliche Jahresrückblick weniger strukturiert ab: Irgendwann im Dezember erfasst uns eine seltsame Melancholie und wir beginnen die vergangenen 12 Monate Revue passieren zu lassen. Wir haben schöne Erinnerungen an unseren Urlaub, an unsere Familien, an Begegnungen, an unsere Arbeit und an vieles mehr. Und wir haben unschöne Erinnerungen an die Pandemie, an Krankheiten, an Todesfälle, an Frust und Stress mit unserer Arbeit etc. Dieses Wirrwarr an Gedanken bildet oft die Basis für unsere Vorsätze für das neue Jahr, die wir spätestens in der Silvesternacht bei einem Glas Sekt fassen. Endlich mehr Sport und Bewegung, gesündere Ernährung, weniger Alkohol und so weiter. Vorsätze, die wir leider sehr schnell wieder vergessen.


Mit diesem unstrukturierten Vorgehen vergeben wir eine große Chance. Denn ein persönlicher Jahresrückblick ist eine wunderbare Gelegenheit, sich all der Höhen und Tiefen des Jahres noch einmal bewusst zu werden. Wir können würdigen, was wir erreicht haben. Wir können dankbar für das sein, was wir erlebt und empfunden haben. Wir können stolz sein auf unsere Erfolge. Wir können uns unserer Niederlagen oder Fehler bewusst werden. Ein reflektierender Rückblick kann uns dabei helfen, das alte Jahr abzuschließen und uns geistig und seelisch auf das neue Jahr einzustellen. Er kann uns also dabei unterstützen, unseren Frieden mit dem zu schließen, was war. Und er kann dazu beitragen, aus dem vergangenen Jahr zu lernen, einiges besser zu machen, uns neue Ziele zu setzen und daher motiviert ins neue Jahr zu starten. Und er kann dazu beitragen Vorsätze zu entwickeln, die sich tatsächlich in Einklang mit unserer Motivation, unseren Werten, unseren Wünschen und unseren Bedürfnissen befinden.


Aber wie gelangt man zu einem gut strukturierten Jahresrückblick? Und wie leitet man daraus Vorsätze für das neue Jahr ab, die wirklich Veränderungen bedeuten? Dies möchte ich Dir im Folgenden vorstellen.


Ähnlich wie die Bilanz eines Unternehmens lässt sich unser Leben in viele verschiedene Bereich unterteilen. Unsere Leben unterscheiden sich zwar sehr. Dennoch aber gibt es Lebensbereiche, die bei fast jedem von uns relevant sind. Auch wenn sie jedem von uns unterschiedlich wichtig sind. Dies sind die folgenden 12 Bereiche:


Zufriedenheit auf einer Skala von 1 - 10



Nimm Dir zunächst ausreichend Zeit um in Ruhe über diese Themenbereiche zu reflektieren. Überlege, wie es Dir in jedem dieser Lebensbereiche auf einer Skala von 1 bis 10 im vergangenen Jahr ergangen ist. 1 steht dabei für „Ich bin sehr unglücklich und enttäuscht. Es kann nicht noch schlechter werden“ und 10 steht für „Es ist alles gut, ich bin glücklich. Es ist genauso, wie es ich mir wünsche. Besser geht es nicht“.


Wie lange Du Dir für die Reflektion Zeit nimmst, liegt an Dir. Ebenso, wo Du reflektierst. Ein schöner Spaziergang kann dabei ein guter Anfang sein. Wichtig wäre, Dir für jeden der Bereiche schriftliche Notizen zu machen. Nimm auch gerne Deinen Kalender zur Hand und begebe Dich auf eine Reise durch das vergangene Jahr. Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat. Termine, Verabredungen, Veranstaltungen, gemeinsame Essen, Reisen, neue und Freundschaften, Kino- und Museenbesuche, Home-Office, Kinder, Schule, Freunde, Familie etc. pp. Oft hilft es auch eine „typische“ Woche einmal Stunde für Stunde zu notieren. Was machst Du typischerweise in der Zeit, in der Du nicht schläfst? Was machst du während der Arbeit? Was machst Du in Deiner Freizeit?


Fragen, die Du Dir für die Bewertung Deiner Zufriedenheit in fast allen 12 Lebensbereichen stellen kannst:


1. Was habe ich im vergangenen Jahr getan oder erlebt?

Was habe ich Neues begonnen? Wofür habe ich Lob bekommen? Was hat mir wirklich Spaß gemacht? Was hat mich glücklich gemacht? Was hat mir Energie gebracht? Welche Menschen haben mir gutgetan? Wen habe ich neu kennengelernt? Für wen und was bin ich besonders dankbar? Was waren meine Erfolge? Worauf bin ich stolz? Welche Lebenshürden habe ich bewältigt? Was hat mir keinen Spaß gemacht? Was hat mir Energie geraubt? Wobei habe ich (zuviel) Stress gehabt? Was habe ich nicht gemacht – obwohl ich es wollte? Welche Menschen haben mich enttäuscht? Wer hat mir nicht gutgetan?


2. Welche Fehler habe ich gemacht und was habe ich daraus gelernt?

Wobei habe ich falsch gehandelt? Welche Menschen habe ich enttäuscht? Was hätte ich anders oder besser machen können? Welche Lektionen habe ich daraus gezogen oder muss ich daraus ziehen? Wie kann ich Fehler dieser Art in der Zukunft vermeiden?


3. Welche Erkenntnisse habe ich gewonnen?

Was habe ich im letzten Jahr an neuen Erkenntnissen gewonnen? Was habe ich Neues über mich erfahren? Habe ich neue Werte erkannt bzw. gelebt? Was habe ich Neues ausprobiert? Welche neuen Bücher habe ich gelesen? Was ist mir klar(er) oder bewusst geworden? Was hat mir gesundheitlich und sportlich gutgetan? Wobei hatte ich kleine oder große Glückserlebnisse? Welche Ernährung hat mir gutgetan – welche eher nicht? Wie steht es um meine Resilienz?



Hast Du die „Inventur Deines Jahres“ beendet kommt es nun darauf an, die Lebensbereiche einzeln auf der Skala von 1 bis 10 zu bewerten.


Du wirst hoffentlich einige Bereiche haben, die sich auf der Skala von 7 bis 10 bewegen und mit denen Du zufrieden bis sehr zufrieden bist. Für diese Bereiche wirst Du Dir vermutlich keine wesentlichen Veränderungen für das kommende Jahr wünschen – warum etwas verändern, mit dem Du jetzt sehr zufrieden und glücklich bist. Hier geht es im nächsten Jahr um das Bewahren dieses Zustandes oder um Feinabstimmungen.


Dann wird es vielleicht einige Bereiche geben, die Du mit 4 bis 6 bewertet hast. Mit denen Du also nicht vollkommen zufrieden bist, mit denen es sich aber irgendwie leben lässt. Hier liegt es an Dir zu entscheiden, wie wichtig Dir diese Lebensbereiche sind und ob Du hier Veränderungen für das nächste Jahr einleiten kannst und möchtest.


Und dann kann es Lebensbereiche geben, die Du mit 1 bis 4 bewertet hast. Mit denen Du sehr unglücklich und sehr unzufrieden bist und für die Du Dir tiefgehende Veränderungen herbeisehnst. Diese Veränderungen sollten bei Deinen Zielen und Vorsätzen für das neue Jahr höchste Priorität genießen.


Nachdem Du die Lebensbereiche ausgewählt hast, in denen Du im nächsten Jahr Veränderungen vornehmen möchtest, kannst Du zunächst mit dem klassischen, lösungsorientierten Coachingansatz arbeiten und Dir folgende hypothetischen Fragen stellen:


  • Was müsste ich tun, um in der Skala von einer 1,2,3 oder 4 auf eine 6, 7 oder 8 zu kommen? Wie sähe es in diesem Lebensbereich aus, wenn es richtig gut und schön wäre?

  • Woran würdest Du das merken?

  • Wie fühlst Du Dich dabei?


Wenn Du Deine Wunschvorstellungen gefunden bzw. konkretisiert hast, solltest Du Sie in konkrete Ziele übersetzen bzw. schriftlich notieren. Anschließend folgen Überlegungen, wie Du diese Ziele erreichen kannst. Folgende Fragen können Dir dabei helfen:


  • Was muss passieren, damit ich zufrieden bin? Was braucht es dazu?

  • Wofür genau möchte ich mir mehr Zeit nehmen?

  • Was oder wer kann mir helfen bzw. mich unterstützen, mein Ziel zu erreichen?

  • Wen kann ich fragen bzw. um Rat bitten?

  • Welche Freunde, Bekannte, Kollegen, etc. können helfen?

  • Wo kann ich mich informieren? Wer hat schon einmal ähnliche Situationen gemeistert?

  • Was spricht dagegen? Was bin ich bereit loszulassen? Worauf kann ich verzichten?


Abschließend solltest bzw. könntest Du Dich rückversichern, ob Deine Ziele bzw. die daraus generierten Vorsätze mit Deinen persönlichen Wertvorstellungen übereinstimmen und ob sie Deinen persönlichen Motivationen wirklich entsprechen.


Leben bedeutet Veränderung. Niemals Stillstand. Bäume stoßen im Herbst tote Blätter ab, damit im Frühjahr neue Triebe wachsen können. Wir hingegen haben Respekt vor Veränderungen und halten an unserer Vergangenheit fest, weil sie uns vertraut und sicher vorkommt. Doch diese Starrheit lässt uns Menschen bleiben, die immer die gleichen Erfahrungen machen und nicht auf eine Welt vorbereitet werden, die sich ständig und immer schneller verändert. Daher sollten wir loslassen von dem, was uns nicht guttut. Was uns belastet und uns zurückhält. Aber wir sollten auch gleichzeitig dankbar für das sein, was uns guttut und was uns und unserem Leben die notwendige Stabilität gibt.


In diesem Sinne wünsche ich viel Freude bei Deinem Jahresrückblick und die richtigen Entscheidungen für das kommende Jahr.


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